Montagsdemo Heidelberg und Verein Üsoligenial e.V. unterstützen Streik
Rund 800 Demonstranten kamen gestern zur zentralen Kundgebung des Verdi-Warnstreiks am Heidelberger Uniklinikum im Neuenheimer Feld. Auch an den drei anderen Unikliniken des Landes wurde gestreikt. Die Montagsbewegung Heidelberg und der gemeinützige Verein Üsoligenial e.V. unterstützten den Streik und die Demo, sie brachten neben einem musikalischen Beitrag zur Pflegesituation auf einer der Kundgebungen vor den einzelnen Kliniken ihre Solidarität zum Ausdruck.
Mit Trillerpfeifen, Trommelschlägen, Parolen und Transparenten zogen am gestrigen Donnerstag rund 800 Demonstranten durch das Neuenheimer Feld. Vor der Chirurgie ging es los; dann zur Kinderklinik, zur Kopfklinik, weiter an der Hautklinik vorbei bis zur Abschlusskundgebung vor dem Verwaltungsgebäude.
Sie waren dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt, die unter dem Motto „Mehr von uns ist besser für alle“ das Pflegepersonal der vier Unikliniken in Baden-Württemberg Freiburg, Ulm, Tübingen und Heidelberg zu einem Warnstreik aufgerufen hatte. Der Warnstreik dauerte nicht etwa ein paar Stunden, sondern von morgens um 6.00 bis nach der Spätschicht 16.30, also den ganzen Tag. Die Demo wurde auch von Delegationen aus Freiburg unterstützt , die mit drei Bussen ankamen, sowie einer Delegation aus dem Saarland, die in verschiedenen Reden ihre Erfahrungen mit der Kampagne „mehr Personal im Gesundheitswesen“ schilderten. Während der ganzen Zeit gab es ein großes Steiklokal, in dem auch die Erfahrungen der Kämpfe an den anderen Unikliniken vorgetragen und diskutiert wurden. Parallel liefen Workshops unter anderen zum „Streikrecht“ in Deutschland.
Gegründet wurde vor der Demo auch ein regionales“ Soli-Bündnis Rhein-Neckar für mehr „Personal im Gesundheitswesen“, an dem ca. 30 Menschen aus verschiedenen Gruppen, Vereinen und Parteien gekommen waren, darunter auch der Verein Üsoligenial e.V. Das Solibündnis will sich auch nach der Demo weiter treffen und sich eine Plattform geben .Die Arbeitgeber sprechen von „Unverhältnismäßigkeit“ und von „Schwarzmalerei“. Dagegen heißt es auf der Straße „Es ist an der Zeit, dass was passiert“, wie eine Teilnehmerin ihren Groll formulierte. „Der Warnstreik sei notwendig, weil schon im Sommer 2017 die dritte Verhandlungsrunde ergebnislos geblieben war“. „Die Station ist voll, der Dienstplan leer“, beschrieb eine Teilnehmerin ihren Arbeitsalltag. „Es wird immer schlimmer.“ Die 59-Jährige ist seit 40 Jahren Krankenschwester. „Wir sind oft zu zweit auf der Station, dabei müssten wir sechs sein.“ Besonders nachts sei die Situation „beängstigend“. Die Patienten könnten nicht richtig versorgt werden. Laut Verdi nahmen 650 Beschäftigte am Streik teil; von 42 OP Sälen waren nur 12 als Notdienst offen.
Matz Müllerschön, Vorsitzender des Vereins „Überparteiliche Solidarität gegen Sozialabbau“ und einer der Moderatoren der Montagsdemo Heidelberg konnte vor der Hautklinik zu den Demonstranten sprechen: „Für uns ist es selbstverständlich, Euch in Eurem Kampf für mehr Personal zu unterstützen. Verdi schreibt in seinem Flugblatt zurecht `Profite pflegen keine Menschen`. Ja, wir sind umgeben von einem ausgeklügelten, menschenfeindlichen Profitsystem, das breit angegangen werden muss. …Wir bauchen ein Gesundheitssystem in dem der Patient, sprich Mensch, im Mittelpunkt steht… Die Erfahrungen der Charité in Berlin zeigen: Es wird ein langer und steiniger Weg. Ihr habt heute gemeinsam einen tollen Auftakt hingelegt …“ Er bekräftigte nochmal die praktische Solidarität und lud zur wöchentlichen Montagsdemo ein (breiter Applaus). Danach folgte Vera Würmell, selbst ehemalige Altenpflegerin und aktive Montagsdemonstrantin mit einem selbstgetexteten Lied „Die Geschichte von den 10 Pflegekräften“(siehe Anhang ), das die Situation im Gesundheitswesen und die direkte Betroffenheit der Pflegekräfte berührte und mit einem lautstarken Klatschen, Pfeifen und Trommeln beantwortet wurde.
Die Demo wurde auch von Teilen der SPD, MLPD, der Linken und einem kleinen sichtbaren Block der Interventionistischen Linke unterstützt. Gökay Akbulut (MdB), die neugewählte Bundestagsabgeordnete, die ins Streikbüro kam, konnte als einzige Parteivertreterin auf der Streikversammlung kurz ihre Solidarität für „die Linke“ überbringen, da auf der Demo und den Kundgebungen keine ParteienvertreterInnen sprechen konnten.
Dafür sprach der Zweite Bevollmächtigte der IGM Heidelberg auf der Abschlussdemo, auf der auch einige IGM Fahnen, sowie das große Transparent des Überbetrieblichen Solidaritätskomitees Rhein-Neckar, das von GE Kollegen gegründet wurde, zu sehen waren. Der Wunsch und das Interesse der Demonstranten ist groß, dass beide große Gewerkschaften Verdi und IGM den Kampf gemeinsam aufnehmen und das ganze Profitsystem noch viel mehr in das Zentrum der Auseinandersetzung gehört. Auf jeden Fall waren sich die Steikenden durchgängig einig, dass noch viel mehr geht und jetzt mit der weiteren Vorbereitung dafür begonnen werden muss.